6. Verkehrsmittel
Nach dem Gesetz müssen alle Verkehrsmittel für alle Menschen ohne Barrieren nutzbar sein.
Wenn Sie ein Verkehrsmittel aufgrund einer Behinderung nicht nützen können,
dann könnte das eine verbotene Diskriminierung darstellen
Gerne informieren und beraten wir Sie.
Kontakt zur Behindertenanwaltschaft
Beispiele von Schlichtungsverfahren
6.1 Bahn
6.1.1 Umbau des Südbahnhofes
Ein Mann mit einer hochgradigen Sehbehinderung berichtete im Jänner 2010 dem Behinderten-anwalt über die mangelnde Barrierefreiheit des Südbahnhofes Wien im Zusammenhang mit dem Provisorium „Ost kurz“.
Seinen Schilderungen zufolge waren die hinteren Bahnsteige und die dort befindlichen Holzbrücken vor allem bei Nacht nicht ausreichend beleuchtet. Die Sicherheitslinien der „alten“ Bahnsteige, die nunmehr quer zur Gehrichtung verliefen, verschlechterten zudem die Möglichkeit sich zu orientieren. Kontrastierende und taktile Leitsysteme waren weder an den Bahnsteigen noch am Gleisvorplatz oder an den Zugangsstiegen vorhanden. Angesichts der Baustellenabsperrungen aus Stahlgitter und den vielfach unerwartet hervorstehenden Ecken barg dies auch das Risiko, sich zu verletzen. Überdies waren die vorhandenen Monitore, die Informationen über Ankunft und Abfahrt der Züge enthielten, nicht barrierefrei zugänglich.
Bei dem im März 2010 beim Sozialministeriumservicedurchgeführten Schlichtungsverfahren gemäß §§ 14 ff Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz konnte der Behindertenanwalt bewirken, dass der Schlichtungspartner zukünftig erhöhte Sorge dafür trägt, dass trotz Umbaumaßnahmen eine möglichst weitgehende Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen gewährleistet ist.
Die Vertreter der Österreichischen Bundesbahnen teilten mit, dass das Blindenleitsystem bereits in Auftrag gegeben wurde und demnächst installiert werde. Im Areal des fertiggestellten Hauptbahnhofes sollen große Monitorwände sowie angeschwenkte Monitore in Kopfhöhe unter Berücksichtigung der besseren Lesbarkeit auf den Bahnsteigen zum Einsatz kommen. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass sämtliche Baustellengitter, die sich auf den Bahnsteigen befinden oder mit dem Leitsystem kollidieren, mit einem Schild deutlich gekennzeichnet werden.
Da diese Lösung beide Schlichtungspartner zufriedenstellte, endete das Schlichtungsverfahren mit einer Einigung.
6.1.2 Benützung eines Autoreisezugs
Ein auf die Benützung eines Rollstuhls angewiesener Lenker eines Personenkraftfahrzeugs berichtete im September 2007 dem Behindertenanwalt von seinen im Jahr 2006 während einer Fahrt mit dem Autoreisezug gewonnenen „Erfahrungen“.
Der Betroffene machte das öffentliche Verkehrsunternehmen vor Antritt der Reise darauf aufmerksam, dass er seinen Personenkraftwagen nicht selbst auf den Zug lenken könne. Dasselbe gelte für die Entladung. Das Verkehrsunternehmen sicherten ihm dennoch zu, dass die Benützung des Autoreisezugs für ihn als alleinreisenden Rollstuhlfahrer kein Problem darstellen werde. Die Hinfahrt erfolgte tatsächlich ohne Schwierigkeiten. Ebenso der erste Teil der Rückfahrt.
Als der Betroffene wieder am Ausgangsbahnhof ankam, weigerte sich das diensthabende Personal, den Personenkraftwagen zu entladen. Nach längerer Wartezeit erging die Aufforderung, eine Erklärung über einen Haftungsverzicht zu unterfertigen. Der Rollstuhlfahrer lehnte dies ab. Letztendlich lenkte ein unbeteiligter Mitreisender den Personenkraftwagen vom Zug.
Ein Beschwerdeschreiben des Betroffenen blieb unbeantwortet.
Als dieser im Jahr 2007 erneut den Autoreisezug benutzen wollte, wurde ihm im Zuge der Buchung seitens des öffentlichen Verkehrsunternehmens erklärt, dass die Benützung des Autoreisezugs durch RollstuhlfahrerInnen nunmehr nur mit einer Begleitperson möglich sei.
Der Behindertenanwalt beriet den Klienten über die Möglichkeit, ein Schlichtungsverfahren nach §§ 14 ff Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz beim Sozialministeriumservice zu beantragen. Zudem holte er beim öffentlichen Verkehrsunternehmen und beim zuständigen Bundesministerium eine Stellungnahme zu diesem Sachverhalt ein.
Das zuständige Bundesministerium nahm im Dezember 2007 nach Auskunft durch das Eisenbahnunternehmen wie folgt Stellung:
„Die Problematik der Be- und Entladung von behindertengerechten bzw. adaptierten PKW ist uns bewusst und die Lösung dieser ein wichtiges Anliegen. Dies war auch der Grund, weshalb wir in Absprache mit den Vertretern der Menschen mit Behinderung – der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation – die Lösung der Haftungsverzichtserklärung erarbeitet haben. Es ist unseren Mitarbeitern nicht zumutbar ein ihm bzw. ihr nicht vertrautes KFZ auf bzw. vom Autoreisezugwaggon zu manövrieren. Zudem haben die Fahrzeuge von mobilitätseingeschränkten Personen eine spezielle Ausstattung der Bedienelemente wie z.B. Bedienung des Gaspedals, Fußbremse durch die Hand mittels Gasring bzw. Bremsgestänge, etc. Da es diesbezüglich sehr viele Anbieter bzw. Produkte auf dem Markt gibt, können sich diese Bedienelemente von Fahrzeug zu Fahrzeug zusätzlich immens unterscheiden. Der Kunde ist daher für die Be- bzw. Entladung seines KFZ auch im Hinblick auf die Haftungsübernahme weiterhin selbst verantwortlich. Wir nehmen diesen Fall jedoch zum Anlass, erneut an einer kundenfreundlichen Lösung zu arbeiten.“
Der Behindertenanwalt brachte in Folge dem Betroffenen dieses Schreiben zur Kenntnis, welcher in Betracht zog, ein Schlichtungsverfahren zu begehren. Im Rahmen des im April 2008 beim Sozialministeriumsrvicedurchgeführten Schlichtungsverfahrens gemäß §§ 14 ff Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz konnte eine Einigung zwischen den Schlichtungspartnern erzielt werden.
Seitens des öffentlichen Verkehrsunternehmen wurde zugesichert, ab 1. Juni 2008 gegenüber RollstuhlfahrerInnen auf die Haftungsfreistellungserklärung, die bisher zum Be- und Entladen des Personenkraftwagens durch die MitarbeiterInnen erforderlich war, zu verzichten. Auf der Homepage des Unternehmens werde zudem zukünftig darauf hingewiesen werden, dass aus organisatorischen Gründen um Anmeldung mindestens 24 Stunden vor der Abfahrt mit dem Autoreisezug gebeten wird.
6.1.3 Bestellung eines Begleitservices
Eine hochgradig sehbehinderte Frau schilderte dem Behindertenanwalt folgenden Sachverhalt:
Sie habe einem Beförderungsunternehmen ihren Reiseantritt unter Einhaltung einer längeren als der dafür vorgesehenen Frist avisiert und dabei explizit auf die Notwendigkeit eines Begleitservices hingewiesen. Dieses sei ihr auch für 06.50 Uhr des Reisetags zugesagt worden, die fahrplanmäßige Abfahrt wäre um 07.03 Uhr gewesen.
Als sie 10 Minuten vor dem vereinbarten Zeitpunkt am Treffpunkt angekommen sei, habe sie das Beförderungsunternehmen im Wege der dafür eingerichteten Servicehotline über ihre Anwesenheit informiert. Zu ihrer Verwunderung habe sie die Auskunft erhalten, dass eine Abholung ohnedies erst ab 07.00 Uhr möglich sei, vorher wäre die für „Barrierefreies Reisen“ zuständige Abteilung unbesetzt. Allerdings sei auch um 07.00 Uhr niemand gekommen, um 07.10 Uhr habe die Klientin, nachdem sie somit eine halbe Stunde in eisiger Kälte verbracht hatte, ein Taxi gerufen und sei zurück nach Hause gefahren. Es sei daher ein finanzieller Schaden in Höhe von Euro 64,- für das Taxi, von Euro 35,- für die Fahrkarte sowie in vorerst noch unbekannter Höhe für das Storno des Zimmers am Zielort entstanden. Darüber hinaus machte sie eine Entschädigung für die Unannehmlichkeiten und den unnötig konsumierten Urlaub geltend.
Der Behindertenanwalt trat mittels E-mail an den für die Barrierefreiheit verantwortlichen Mitarbeiter des Beförderungsunternehmens heran, informierte ihn über die Problemlage und ersuchte um Auskunft, ob zur Vermeidung eines Verfahrens gemäß §§ 14 ff Bundes-Behindertengleichstellungs-gesetz die grundsätzliche Bereitschaft bestünde, angemessenen finanziellen Ersatz zu leisten und wenn ja, in welcher Höhe.
In weiterer Folge unterbreitete das Beförderungsunternehmen der Klientin auf direktem Wege ein Angebot über Euro 200,-. Diese hielt Rücksprache mit dem Behindertenanwalt, nach Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie im Hinblick darauf, dass sie für einen eventuellen Gang vor Gericht über eine Rechtschutzversicherung verfügte, strengte sie ein Schlichtungsverfahren beim Sozialministeriumservice an. Noch vor dessen Durchführung gelang es dem Behindertenanwalt jedoch das Beförderungsunternehmen dazu zu bewegen, sein Angebot auf den Betrag von
Euro 600,- zu erhöhen. Die Klientin erklärte daraufhin in rechtsverbindlicher Form durch Zahlung dieses Abfindungsbetrags alle ihre wie immer gearteten Ansprüche aus dem gegenständlichen Ereignis als abgegolten zu betrachten.
Dieser Fall zeigte auf, dass schon die prinzipielle Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Rechtsschutzversicherung die/den SchlichtungswerberIn in eine wesentlich stärkere Position versetzt. Das sonst für den Fall des Verlustes des Prozesses drohende Kostenrisiko hindert in aller Regel die Rechtsverfolgung beträchtlich.
6.1.4 Fehlerhafte Buchung einer Zugreise
Eine Frau, die auf die Benützung eines Rollstuhls angewiesen ist, wendet sich nach Einleitung eines Schlichtungsverfahrens gemäß §§ 14 ff Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz mit der Bitte um Unterstützung an die Behindertenanwaltschaft.
Die Klientin wollte mit einem Beförderungsunternehmen eine Reise ins benachbarte Ausland unternehmen. Sämtliche Platzreservierungen tätigte sie direkt am Schalter.Die Mitarbeiterin des Beförderungsunternehmens reservierte einen nicht barrierefreien Sitzplatz anstatt, wie von ihr gewünscht, einen Rollstuhlplatz, ohne ihr dies mitzuteilen. Auch wurde ihr für die Tickets ein zu hohes Entgelt verrechnet. An keinem der angefahrenen Bahnhöfe, sowohl im In- als auch im Ausland, stand eine Einstiegshilfe für RollstuhlfahrerInnen bereit, sodass die Klientin beim Ein- und Aussteigen auf die Hilfe ihrer persönlichen Assistentin und anderer Fahrgäste angewiesen war. Generell empfand sie das Personal, welches die Einstiegshilfe bediente, sehr unfreundlich und unzuverlässig, vor allem am Bahnhof der Heimatstadt ihrer Eltern, welche die Klientin regelmäßig besucht.
Die Klientin gibt an, dass die Angst, nicht zu wissen, ob und wie sie in den Zug hinein- und wieder herauskommen würde, sie massiv unter Stress setzte und ihr den gesamten Urlaub verdorben habe.
Im Schlichtungsverfahren beim Sozialministriumservice strebt sie den Ersatz der Kosten ihrer persönlichen Assistentin sowie Schadenersatz für die erlittene Diskriminierung an.
Eine Mitarbeiterin der Behindertenanwaltschaft begleitet die Klientin als Vertrauensperson im Schlichtungsverfahren beim Sozialministeriumservice.
Dort räumt die Schlichtungspartnerin ein, dass bei der Buchung der Reise Fehler passiert seien. Die betreffende Mitarbeiterin habe versucht, auch im Ausland einen Rollstuhlplatz zu buchen, was aber nur online direkt beim ausländischen Beförderungsunternehmen möglich sei. Das habe die Mitarbeiterin nicht gewusst und versucht, alle gewünschten Platzreservierungen vorzunehmen. Generell sei es besser, Reisen ins Ausland nicht am Schalter, sondern online oder über die Hotline der Schlichtungspartnerin zu buchen. Auch die Einstiegshilfe an ausländischen Bahnhöfen könne nur direkt beim ausländischen Beförderungsunternehmen gebucht werden. Bezüglich der Einstiegshilfe im Inland führt die Schlichtungspartnerin aus, dass das Personal im Allgemeinen äußerst bemüht und freundlich sei. Die MitarbeiterInnen seien verpflichtet, regelmäßig Schulungen betreffend den Umgang mit Menschen mit Behinderungen zu besuchen.
Im Rahmen des Schlichtungsgesprächs kann folgende Einigung erzielt werden: Die Schlichtungspartnerin sichert zu, die Arbeitsleistung der die Einstiegshilfe bedienenden MitarbeiterInnen am Heimatbahnhof der Eltern der Schlichtungswerberin zu evaluieren und bei Bedarf Verbesserungen vorzunehmen. Als Schadenersatz für eine mögliche Diskriminierung wird der Klientin ein Betrag von Euro 250,-- überwiesen sowie Gutscheine im Wert von Euro 150,-- übergeben. Die Übergabe der Gutscheine erfolgt im Rahmen des Schlichtungsgesprächs. Weiters erklärt sich die Schlichtungspartnerin bereit, der Schlichtungswerberin Informationen zu den Schulungsmaßnahmen für MitarbeiterInnen, die die Einstiegshilfe bedienen, zur Verfügung zu stellen.
6.1.5 Barrierefreie Zugfahrt für Schulgruppe
Im Juni des Berichtszeitraums wandte sich die Betreuerin einer Schulgruppe mit dem Ersuchen um Unterstützung an die Behindertenanwaltschaft. Sie gab an, mit ihrer Schulgruppe, in der sieben Kinder auf den Gebrauch eines Rollstuhls angewiesen seien, an einem integrativen Schulprojekt teilnehmen zu wollen. Für die Reise von Wien zu dem Projekt in Niederösterreich wählte sie ein öffentliches Verkehrsmittel. Trotz anfänglich positiver Auskünfte und der Zusage der Beförderung durch das öffentliche Verkehrsunternehmen, sei ihr drei Tage vor Reiseantritt mitgeteilt worden, dass eine zeitgleiche Mitnahme von sieben RollstuhlfahrerInnen nicht möglich sei.
Seitens der Behindertenanwaltschaft wurde mit dem Verkehrsunternehmen Kontakt aufgenommen um eine rasche und unbürokratische Lösung zu finden. Durch die Intervention konnte erreicht werden, dass sich das Verkehrsunternehmen nochmals mit der Leiterin der Schulgruppe in Verbindung setzte und eine problemlose Anreise für die gesamte Gruppe zum Schulprojekt organisierte.
6.1.6 Hilfspersonal am Bahnhofsgelände
Ein Rollstuhlfahrer brachte beimSozialministeriumservice einen Antrag auf Durchführung eines Schlichtungsverfahrens gemäß §§ 14 ff Bundes-Behindertengleichstellung ein. Er wollte mit einem öffentlichen Verkehrsmittel fahren. Vom Mobilitätsservice wurde dem Schlichtungswerber mitgeteilt, dass es am Zielort kein Personal gäbe, und auch kein mobiler Einsatztrupp zur Hilfestellung zur Verfügung stehe. Der Schlichtungswerber musste daher (illegal) die Gleise überqueren um zum Bahnhofsgelände zu gelangen.
Die Vertreter des Schlichtungspartners teilten mit, dass aus rechtlichen Gründen eine Hilfe für Rollstuhlfahrer nur an jenen Bahnhöfen möglich sei, an denen auch Personal stationiert sei. Eine barrierefreie Anfahrt zu diesen Bahnhöfen sei mit Bussen möglich. Barrierefreie Bahnhöfe würden gemäß Etappenplan zur Verfügung stehen.
Im Rahmen des Schlichtungsgesprächs konnte keine gütliche Einigung erzielt werden.
6.1.7 Fahrpreisermäßigungen für Begleitpersonen
Der Schlichtungswerber ist Elektro-Rollstuhlfahrer. Bei der Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln ist er auf eine Begleitperson angewiesen, welche den vollen Fahrpreis zu erstatten hat. Der Schlichtungswerber möchte eine Änderung dieser Tarifbestimmungen.
Darauf brachte er einen Antrag auf Durchführung eines Schlichtungsverfahrens gemäß
§§ 14 ff Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz ein.
Die Tarif bzw. Beförderungsbedingungen wurden geändert. Eine Begleitperson wird unentgeltlich befördert, wenn die zu begleitende Person im Besitz eines gültigen Fahrausweises ist.
6.2 Bus/U-Bahn/Straßenbahn
6.2.1 Defekter Lift bei öffentlichen Verkehrsmitteln
Eine auf die Benützung eines Rollstuhls angewiesene Frau wandte sich an den Behindertenanwalt, da sie an mehreren Tagen im Juli/August 2008 zu den Hauptverkehrszeiten ein öffentliches Verkehrsmittel nicht benutzen konnte. Die mangelnde barrierefreie Zugänglichkeit war auf technisch defekte Personenaufzüge zurückzuführen. Weiters konnte die Betroffene aufgrund eines fehlenden Schürhakens, der zum Ausklappen der Rollstuhlrampe benötigt wird, nur mit besonderer Erschwernis in eine Straßenbahn einsteigen.
Die Klientin brachte auf Anraten des Behindertenanwalts beim Sozialministeriumservice einen Antrag gemäß §§ 14 ff Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz ein. Im Rahmen des Schlichtungsverfahrens, an dem die Behindertenanwaltschaft zur Unterstützung der Betroffenen teilnahm, wurde im Wesentlichen vereinbart, dass zukünftig die Wartung aller Personenaufzüge bzw. Rolltreppen bei einer Haltestelle nicht zeitgleich erfolge und im Jahr 2009 in einer Station ein zusätzlicher Lift eingebaut werde. Es werde auch daran gearbeitet, Störungen mithilfe von Lautsprecherdurchsagen zeitgerecht in den öffentlichen Verkehrsmitteln bekannt zu machen.
Dem unterbreiteten Vorschlag, alle JahreskartenbesitzerInnen per SMS oder E-mail über aktuelle Änderungen bzw. Störungen zu informieren, wurde hingegen nicht entsprochen.
6.2.2 Unzumutbar lange Wartezeiten
Ein in seiner Mobilität eingeschränkter Mann wandte sich mit der Bitte um Unterstützung mit folgendem Anliegen an die Behindertenanwaltschaft: Der Klient gab an, auf die Benützung eines Elektrorollstuhls angewiesen zu sein. Die Vorderräder des Rollstuhls seien sehr beweglich und könnten nicht fixiert werden. Dieser Umstand mache es ihm unmöglich, in alte U-Bahngarnituren einzusteigen, weil er wegen der beweglichen Vorderräder den Spalt zwischen U-Bahn und Bahnsteig nicht überwinden könne. Er könne daher ausschließlich die neuen U Bahngarnituren nutzen. Darauf müsse er jedoch des Öfteren, vor allem abends, sehr lange warten. Die Intervalle, in denen die neuen Garnituren verkehren würden, seien zudem sehr unregelmäßig. Oft würde erst auf fünf alte Garnituren eine neue folgen. Er habe sich mit diesem Problem bereits vor drei Monaten an das Beförderungsunternehmen gewandt, bisher allerdings noch keine Antwort erhalten.
Die Behindertenanwaltschaft verfasste ein Schreiben an das Beförderungsunternehmen, in dem sie um Prüfung des Anliegens sowie um Kontaktaufnahme mit dem Klienten ersuchte. Das Beförderungsunternehmen versicherte dem Klienten in seinem Schreiben, zur Vermeidung von langen Wartezeiten künftig die neuen Garnituren gleichmäßiger einzusetzen. Langfristig würden sich die Wartezeiten durch den verstärkten Ankauf neuer Garnituren verkürzen.
Der Klient war der Auffassung, dass das Beförderungsunternehmen zu wenig auf sein Anliegen eingegangen sei und brachte daher beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Durchführung eines Schlichtungsverfahrens gemäß §§ 14 ff Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz ein.
Im Rahmen des Schlichtungsgesprächs, dem die Behindertenanwaltschaft als Vertrauensperson beiwohnte, konnte folgende Einigung erzielt werden: Zwischen dem Schlichtungswerber und dem Behindertenbeauftragten des Beförderungsunternehmens werde ein persönliches Gespräch stattfinden. Auch könne der Betroffene zukünftig seine Anfragen betreffend die Barrierefreiheit von U-Bahngarnituren und U-Bahnstationen direkt an diesen richten.
6.3 Flugzeug
6.3.1 Verweigerung einer Flugreise mit Rollstuhl
Eine auf die Benützung eines Rollstuhls angewiesene Person wandte sich an die Behindertenanwaltschaft, nachdem ihr der Antritt einer bereits gebuchten Flugreise von einer österreichischen Fluglinie verwehrt wurde, falls sie nicht – kurz vor dem Abflug – eine Person unter den übrigen Passagieren benennen konnte, welche sich für ihre Sicherheit verantwortlich erklärte.
Die Behindertenanwaltschaft sah in diesem Vorgehen eine mögliche Diskriminierung nach dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz und überdies einen möglichen Verstoß gegen die EU-Verordnung über die Rechte von Fluggästen mit Behinderungen. Dementsprechend wurde die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens empfohlen.
Im Schlichtungsverfahren drückte der Schlichtungspartner sein Bedauern über den Vorfall aus und bot an, den Boardingablauf für Menschen mit Behinderungen unter Einbeziehung der Schlichtungswerberin so anzupassen, dass derartige Vorfälle künftig nicht mehr passieren würden. Im Vordergrund stand hier vor allem die unternehmensintern verbesserte Koordination zwischen der Fluglinie und dem beauftragten Boarding-Personal.
Für die Klientin stellte dies einen positiven Ausgang des Schlichtungsverfahrens dar.