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Aktuelles

Neue Anlaufstelle stärkt bundesweite Unterstützungsstruktur für Menschen mit Behinderungen bei Diskriminierungen


Bildbeschreibung: v.l. Niederl, Steger, Rauch, Stadel

Die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen, Christine Steger, hat heute gemeinsam mit Sozialminister Johannes Rauch ihr neues Regionalbüro WEST in Salzburg eröffnet. Es bietet Menschen mit Behinderungen in Salzburg, Tirol und Vorarlberg einen lokalen Zugang zu kostenloser Beratung, Information und Unterstützung bei erfahrenen Diskriminierungen im Alltag und begleitet Menschen mit Behinderungen bei Schlichtungsverfahren. Gefördert wird auch die Vernetzung und Kooperation mit lokalen Organisationen in den Ländern. “Mit dem neuen Regionalbüro stärken wir die bundesweite Unterstützungsstruktur für Menschen mit Behinderungen deutlich”, sind sich Behindertenanwältin Steger und Sozialminister Rauch bei der Eröffnung einig. Das Büro in Salzburg ist neben einem weiteren neuen Regionalbüro SÜD in Graz und dem bestehenden Regionalbüro OST in Wien die dritte regionale Anlaufstelle der Behindertenanwaltschaft. 

Das Büro der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen wurde 2006 in Wien errichtet. Seither unterstützt und berät die Behindertenanwältin mit ihren Mitarbeiter:innen bei vermuteten Diskriminierungen im Alltag oder im Beruf. Jedes Jahr werden mehrere hundert Beratungen über die Telefonhotline, per Mail oder persönlich durchgeführt und über rechtliche Möglichkeiten informiert. Liegen mögliche Diskriminierungen vor, kann die Behindertenanwältin auch bei Schlichtungsverfahren begleiten. Beratung und Unterstützung durch das Büro sowie der Zugang zur Telefonhotline sind für alle Menschen kostenlos.

Lokale Anlaufstellen zu den Unterstützungsmöglichkeiten durch die Behindertenanwältin bieten seit diesem Jahr eigene Regionalbüros. Die gesetzlichen Voraussetzungen dafür wurden bereits im Sommer 2024 geschaffen. Neben dem bereits eröffneten Regionalbüro Süd in Graz für die Steiermark, Kärnten und das Burgenland und dem Regionalbüro Ost für Wien, Nieder- und Oberösterreich wurde heute das dritte Regionalbüro in Salzburg eröffnet.

“Menschen mit Behinderungen haben das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. Mit deutlich mehr Budget für die berufliche Teilhabe und Pilotprojekten für eine Persönliche Assistenz in allen Lebensbereichen sowie ‘Lohn statt Taschengeld’ haben wir wichtige Schritte gesetzt, die uns diesem Ziel näherbringen”, betont Sozialminister Johannes Rauch. “Ein selbstbestimmtes Leben bedeutet aber auch, sich mit den richtigen Instrumenten gegen Diskriminierungen wehren zu können. Mit den neuen Regionalbüros der Behindertenanwältin schaffen wir einen lokalen und noch einfacheren Zugang zu Informationen und Beratungen über die richtigen Beschwerdemöglichkeiten und weiteren Begleitung auf regionaler Ebene.”

Bundesweite Unterstützungsstruktur deutlich gestärkt

Das neue Regionalbüro WEST führt die laufenden Geschäfte der Behindertenanwältin in Salzburg, Tirol und Vorarlberg auf regionaler Ebene. Dadurch ist künftig auch in den westlichen Regionen Österreichs eine verlässliche Anlaufstelle bei Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen vorhanden, um ihnen den Weg zu ihren Rechten zu ebnen.

“Diskriminierung kennt keine Grenzen. Daher ist es essenziell, dass der Schutz vor Diskriminierung einfach zugänglich ist. Die neuen Regionalbüros leisten hierzu einen entscheidenden Beitrag: Sie bieten Beratung und Information zu Beschwerdemöglichkeiten und rechtlichen Wegen an, gewährleisten eine Begleitung und Unterstützung bei Diskriminierungsfällen und fördern Vernetzung, Kooperation und Information sowohl für die von Diskriminierung betroffenen Menschen als auch für Organisationen und Institutionen. Damit ist sichergestellt, dass niemand durch bürokratische Hürden oder räumliche Distanz benachteiligt wird“, betont Behindertenanwältin Christine Steger.

Neben der Beratung und den richtigen Informationen sind Schlichtungen im Schutz vor Diskriminierungen das zentrale Instrument. Sie bieten die Möglichkeit, Konflikte auf eine faire und einvernehmliche Weise zu lösen und dabei oft langwierige Verfahren zu vermeiden. Die neuen Regionalbüros der Behindertenanwältin begleiten diese Verfahren auf regionaler Ebene und bringen diese Form der Konfliktlösung noch näher zu den betroffenen Menschen.

Kooperation auf regionaler Ebene

Die Regionalbüros arbeiten zudem eng mit lokalen Organisationen und anderen Anlaufstellen zusammen, um ihre Angebote bestmöglich an die Bedürfnisse und Rahmenbedingungen vor Ort anzupassen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Aufklärung über Diskriminierungen und die entsprechenden Beschwerdemöglichkeiten.

Presseaussendung

Anhaltende Barrieren und mangelndes Bewusstsein führen zu Diskriminierung und Ausschluss


Bildbeschreibung: v.l. Steger und Feuerstein

Zum internationalen Tag der Menschenrechte rücken der Landesvolksanwalt von Vorarlberg und die Bundesbehindertenanwältin die anhaltenden Barrieren auf dem Bregenzer Weihnachtsmarkt in den Fokus. Trotz eines dauerhaft eingefrästen taktilen Leitsystems auf dem Kornmarktplatz, das blinden und sehbeeinträchtigten Menschen eine sichere Orientierung ermöglicht, wurden diese wesentlichen Hilfen durch den diesjährigen Marktaufbau massiv beeinträchtigt. Dies führt zu erheblichen Einschränkungen für Menschen mit Behinderungen - eine Situation, die nach Ansicht der Verantwortlichen dringender Aufmerksamkeit bedarf.

„Das taktile Leitsystem wurde geschaffen, um blinden und sehbeeinträchtigten Menschen die selbstständige Nutzung des öffentlichen Raums zu garantieren. Dass dieses System während des Weihnachtsmarktes unbrauchbar gemacht wird, ist ein Paradebeispiel dafür, wie mangelndes Bewusstsein zu Diskriminierung und Ausschluss führen kann“, kritisiert Klaus Feurstein, Landesvolksanwalt von Vorarlberg. „Es bleibt zu hoffen, dass die heutige Kritik zu einem Umdenken führt und der Weihnachtsmarkt 2025 inklusiv gestaltet wird.“

Barrieren trotz Bescheid

Der Betrieb des Weihnachtsmarktes erfolgt auf Grundlage eines Bescheids, der unmissverständlich festlegt, dass das taktile Leitsystem freizuhalten ist. Als Ersatzlösung könnte in Abstimmung mit dem Blinden- und Sehbehindertenverband, eine temporäre, rutschfeste Leitlinie angebracht werden. Diese Auflage wurde jedoch ignoriert, was zusätzliche Hindernisse für die betreffende Gruppe geschaffen hat.

In diesem Jahr wurden mehrere Weihnachtsmarkthütten sowie ein beleuchtetes Riesenrad - eine Hauptattraktion - direkt auf dem Leitsystem platziert. Zudem erschweren Hackschnitzel und metallene Rahmen den Zugang für Rollstuhlfahrer:innen. Diese Maßnahmen, als Kälteisolierung gedacht, verdeutlichen die fehlende Sensibilität der Verantwortlichen gegenüber den Anforderungen in Sachen Barrierefreiheit und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen.

Die Veranstalterin hat das Versäumnis eingestanden und sich entschuldigt. Vor Ort wurde inzwischen eine provisorische Blindenleitlinie angebracht, die jedoch nicht ordnungsgemäß funktioniert. Die Stadt Bregenz und die Bregenz Tourismus & Stadtmarketing GmbH haben zugesichert, für zukünftige Weihnachtsmärkte barrierefreie Lösungen zu erarbeiten.

Menschenrechte und Teilhabe sind nicht verhandelbar

„Barrierefreiheit und Teilhabe sind nicht verhandelbar und haben immer Saison“, betont Christine Steger, Bundesbehindertenanwältin. „Öffentliche Räume wie der Weihnachtsmarkt müssen für alle Menschen zugänglich sein. Es darf nicht sein, dass solche Barrieren jedes Jahr zu Ausschluss und Diskriminierung führen.“

Das taktile Leitsystem wurde dauerhaft in den Kornmarktplatz integriert, um blinden und sehbeeinträchtigten Menschen die Orientierung zu erleichtern. Diesem Anspruch muss es auch während Veranstaltungen gerecht werden. Die Stadt Bregenz hatte vorab Kenntnis von diesen Barrieren, hat diese jedoch nicht verhindert. Dies stellt nicht nur eine Verletzung rechtlicher Vorgaben dar, sondern ist auch menschenrechtlich inakzeptabel.

Forderung nach konsequenten Maßnahmen

Die Situation in Bregenz ist kein Einzelfall. Ähnliche Probleme werden jährlich von Weihnachtsmärkten in anderen Bundesländern gemeldet. Menschen mit Behinderungen sehen sich regelmäßig mit Hindernissen wie unzugänglichen Toiletten, herumliegenden Kabeln und ungeeigneten Bodenbelägen konfrontiert.

Die Stadt Bregenz sowie die Veranstalterin des Weihnachtsmarktes sind aufgefordert, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und verbindliche Lösungen zu schaffen. Sensibilisierung aller relevanten Akteur:innen und barrierefreie Veranstaltungen müssen in den kommenden Jahren oberste Priorität haben.

„Mit diesem Appell hoffen wir auf eine barrierefreie Zukunft für alle Weihnachtsmärkte - denn Inklusion und Menschenrechte dürfen keine Ausnahme sein, sondern müssen Standard werden“, so Feurstein und Steger abschließend.

Presseaussendung

Christine Steger überreicht Empfehlungen für verbesserte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an Verhandlungsteams

Die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen berät Menschen mit Behinderungen, die sich aufgrund von unterschiedlichsten Barrieren und Situationen in ihrem Leben diskriminiert fühlen. Durch diese Tätigkeit hat sie Eindrücke und Erfahrungen über den Lebensalltag von Menschen mit Behinderungen in Österreich, die sie nun mit den Teams bei den Koalitionsverhandlungen geteilt hat.

Einleitend hat die Behindertenanwältin auf bestehende Dokumente zur Umsetzung der völkerrechtlich verpflichtenden Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen der Vereinten Nationen hingewiesen. Die Verhandler:innen sollen jedenfalls die Empfehlungen des Fachausschusses der Vereinten Nationen aus 2023 sowie die Vorgaben und Ziele des Nationalen Aktionsplans 2022-2030 berücksichtigen.

Mag.a Christine Steger, Behindertenanwältin: „Österreich hat sich 2008 zur Umsetzung der Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen verpflichtet. Trotzdem gibt es 16 Jahre danach noch Bereiche, in denen dringender Handlungsbedarf besteht. Die Themen Inklusive Bildung und De-Instutionalisierung müssen nun unbedingt angegangen werden.“

Drei weitere Themenbereiche und konkrete Empfehlungen hat die Behindertenanwältin den Verhandlungsteams aufgrund der Erfahrungen aus ihrer Beratungstätigkeit zusätzlich mitgegeben. Zur Verbesserung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in Österreich soll die zukünftige Bundesregierung in den Bereichen „Barrierefreiheit“, „Bürokratieabbau bei Bedarfsfeststellungen“ und „soziale Gerechtigkeit bei Vergaben“ jedenfalls tätig werden.

Der Themenblock „Barrierefreiheit“ umfasst vier Bereiche: Barrierefreiheit als Prüfkriterium und Novellierung in der Gewerbeordnung, einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch im Antidiskriminierungsrecht, verpflichtende Inhalte zur Barrierefreiheit in Lehr- und Ausbildungsplänen wie Architektur oder Medizin sowie die Karrieremöglichkeiten im öffentlichen Dienst für begünstigt behinderte Personen.

Der Themenblock Bürokratieabbau fokussiert im Bereich Begutachtungen auf die Forderung nach einer multidisziplinären Einschätzung der Bedarfe nach einem menschenrechtlichen Modell von Behinderung. „Menschen mit Behinderungen haben geradezu einen Spießroutenlauf zwischen den einzelnen Stellen zu absolvieren und jede hat ein wenig andere Kriterien. Eine große Herausforderung stellt die oft lange Verfahrensdauer und eine rein medizinische Sichtweise auf ihre Lebensrealitäten dar. Bei Kindern kommt dazu, dass sie und ihre Familien diese Prozedur jedes Jahr über sich ergehen lassen müssen. Das kann Österreich besser.“

Der dritte Themenblock betrifft den zukunftsträchtigen Bereich des Vergaberechts. Sozialpolitische Belange sind momentan Kann-Bestimmungen im Vergabeverfahren: „Die Republik Österreich vergibt jedes Jahr Aufträge, wo bis dato Inklusionsparameter kaum eine Rolle spielen. Hier verschenkt der Staat die Möglichkeit, einen enorm wirkmächtigen Hebel einzusetzen, der das Ziel der Inklusion weiter voranbringt. Nachhaltigkeit bezieht sich eben auch auf soziale Parameter und nicht nur auf ökologische.“

Mag.a Christine Steger, Behindertenanwältin: „Ich erwarte, dass die Verhandlungsteams die Belange von Menschen mit Behinderungen umfassend in die Verhandlungen einfließen lassen und Österreich so zu einem inklusiveren Staat machen.

Empfehlungen zum Nachlesen:

Auf der Webseite der Behindertenanwaltschaft findet man den aktuellen Tätigkeitsbericht über das Jahr 2023. Im Berichtsjahr wandten sich wieder viele Menschen mit Behinderungen an die Behindertenanwaltschaft, weil sie sich aufgrund ihrer Behinderung diskriminiert fühlten. Thematisch betrafen ihre Anliegen ein breites Spektrum an Themenbereichen, wie beispielweise Bildung, Arbeit und Wohnen. Neben dieser einzelfallbezogenen Arbeit, konnte die Behindertenanwaltschaft aber auch auf systematischer Ebene legistische Verbesserungen zugunsten von Menschen mit Behinderungen bewirken. Nichtsdestotrotz zeigten die Erfahrungen des vergangene Berichtsjahr deutlich, dass im Bereich der Antidiskriminierung von Menschen mit Behinderungen noch Vieles bewirkt werden muss.

Tätigkeitsbericht

Tätigkeitsbericht in Leichter Sprache

Die Behindertenanwältin und ihr Büro setzen ein starkes Zeichen für die Inklusion und Chancengleichheit von Menschen mit Behinderungen. Mit neuen Werbemitteln, die von The Graphic Society (https://www.graphicsociety.at/) gestaltet wurden, soll das Bewusstsein über die Rechte von Menschen mit Behinderungen geschärft und das Gebot der gesellschaftliche Teilhabe in allen Lebenslagen sichtbar gemacht werden.

Die neuen Werbemittel umfassen neugestaltete und nachhaltig produzierte Stofftragetaschen und Notizblöcke mit kreativen Designs. Zudem erfährt auch der alljährlich erscheinende Tätigkeitsbericht gerade einen Relaunch und soll dazu beitragen die Forderungen von Menschen mit Behinderungen mehr in den Mittelpunkt gesellschaftlicher Interessen zu lenken.

Gerne können auf Anfrage Wissensmaterialien, wie Folder oder Jahresberichte, übermittelt werden.Tragetasche mit der Aufschrift Diskriminierungsfrei trägt sich's leichter und der Illustration einer Person mit Einkaufstaschen und BlindenstockTragetasche mit der Aufschrift Diskriminierungsfrei trägt sichs's leichter und der Illustration einer Person im RollstuhlNotizblock mit der Aufschrift Diskriminierungsfrei schreibt sich's besser und der Illustration einer Person mit Beinprothese, die einen Luftballon hält

20 Jahre Klagsverband: Equality Bodies und NGOs fordern Verbandsklagerecht, gesetzlichen Mindestschadenersatz und Beseitigung von Diskriminierungen

„Wir fordern einen wirkungsvollen gesetzlichen Mindestschadenersatz bei Diskriminierung und neue Klagemöglichkeiten. Dazu gehören ein Rechtsanspruch auf Beseitigung von Diskriminierung und ein Verbandsklagerecht bei allen Diskriminierungsgründen. Nur so können wir umfassend gegen Diskriminierung vorgehen“, fordert Klagsverband-Geschäftsführerin Theresa Hammer. Anlässlich seines 20-Jahre- Jubiläums nennt der Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern gemeinsam mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft und der Behindertenanwältin Christine Steger drei zentrale Forderungen. Auf Einladung der Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures und des Klagsverbands diskutieren heute NGOs aus ganz Österreich Zukunftsvisionen und Vorschläge für einen besseren Diskriminierungsschutz.

Forderung 1: Verbandsklagerecht

„Das Antidiskriminierungsrecht sieht in erster Linie immer noch vor, dass sich Einzelpersonen gegen Diskriminierung wehren müssen. Gleichbehandlungsstellen und NGOs brauchen dringend ein Verbandsklagerecht, um gegen diskriminierende Strukturen vorzugehen. Das schafft Rechtssicherheit und setzt den Hebel bei Verursacher:innen an“, sagt Sandra Konstatzky, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft.

In den letzten Jahrzehnten habe es schrittweise Verbesserungen im österreichischen Antidiskriminierungsrecht gegeben. Anstoß waren meist Richtlinien der EU, die auf nationaler Ebene umgesetzt werden mussten, erklärt die Juristin. 2004 wurden so die Diskriminierungsmerkmale ethnische Zugehörigkeit, Religion und Weltanschauung, Alter und sexuelle Orientierung für die Arbeitswelt gesetzlich verankert, 2006 folgte die Behinderung. Zwanzig Jahre später sei es an der Zeit für die nächsten Schritte auf dem Weg zu einem wirkungsvollen Diskriminierungsschutz.

Forderung 2: Rechtsanspruch auf Beseitigung von Diskriminierung

„Wir fordern einen Rechtsanspruch auf Unterlassung und Beseitigung von Diskriminierung. Wer sich gegen Diskriminierung wehrt, kann in der Regel nur Schadenersatz einklagen. Das verhindert oder beendet aber noch keine Diskriminierung. Deshalb braucht es dringend neue Rechtsansprüche im österreichischen Behindertengleichstellungsrecht. Auch für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist dieser Schritt längst überfällig“, sagt Christine Steger, Behindertenanwältin der Republik Österreich.

Forderung 3: gesetzlicher Mindestschadenersatz

„Diskriminierung bedeutet immer eine massive Würdeverletzung für Betroffene. Für einen wirkungsvollen Schutz vor Diskriminierung und sexueller Belästigung braucht es nicht zuletzt einen gesetzlichen Mindestschadenersatz mit abschreckender Wirkung“, so Hammer abschließend.

Weitere Informationen zu diesem Thema können Sie aus der Presseaussendung entnehmen:

Presseaussendung

Am Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen am 5. Mai dreht sich alles um Selbstbestimmung und Inklusion. Behindertenanwältin Christine Steger findet zur Situation von Menschen mit Behinderungen in Österreich klare Worte und Zahlen, die für sich sprechen.

In Österreich leben mehr als 1,3 Millionen Menschen mit Behinderungen. Das sind rund 20 Prozent oder fast ein Viertel der österreichischen Bevölkerung. Seit 18 Jahren gibt es das Behindertengleichstellungspaket. Es ist dazu da, Menschen mit Behinderungen gesetzlich vor Diskriminierung zu schützen und ihnen zu ermöglichen, dass sie sich dagegen aktiv zur Wehr setzen. Seit 2008 ist die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Österreich in Kraft. Eine lange Zeit, in der Umdenken und gesellschaftliche Veränderungen durchaus möglich sind – möchte man meinen.

Besser, aber noch lange nicht gut
„Tatsächlich hat sich einiges getan“, bestätigt Christine Steger. „Die Situation ist heute sicherlich anders als vor 20 Jahren. Die Maßnahmen, die dazu geführt haben, haben wir zum Großteil dem Behindertengleichstellungspaket und der UN-Behindertenrechtskonvention zu verdanken.“ Dennoch: Das Ziel einer Gesellschaft, in der Selbstbestimmung und Gleichberechtigung für Menschen mit Behinderungen genauso selbstverständlich ist wie für alle anderen, ist noch lange nicht erreicht. Und solange die öffentliche Hand festgefahrene Systeme, die ein falsches Bild von Menschen mit Behinderungen aufrechterhalten und sie an den Rand der Gesellschaft drängen, nicht gezielt sprengt, bleibt der Weg lang und steinig.

Weitere Informationen zu diesem Thema können Sie aus unserer Presseaussendung entnehmen:

Presseaussendung

Am 8. März ist internationaler Frauentag – weltweit Anlass, um auf den Kampf von Frauen um Gleichberechtigung aufmerksam zu machen. Frauen mit Behinderungen erleben diesen Kampf in mehrfacher Hinsicht. Die Behindertenanwältin und der Verein Ninlil rufen auf: Wir müssen Frauen mit Behinderungen dabei unterstützen, sich für ihre Rechte und ihre Sichtbarkeit in der Gesellschaft einzusetzen.

Wer Teil der Gesellschaft sein möchte, muss sich gut verständigen können. Sprache ist dafür enorm wichtig. Zum internationalen Tag der Muttersprache am 21. Februar fordern die Behindertenanwältin und der Österreichische Gehörlosenbund: Die Anerkennung der Österreichischen Gebärdensprache muss den Weg in die Praxis finden.

Wie geht es Ihnen mit Ihrem Umfeld und Ihren Mitmenschen? Fühlen Sie sich gut eingebunden, verstanden und respektiert? Können Sie sich ausreichend einbringen, mitreden? Für gehörlose Menschen ist all das oft nicht selbstverständlich. Der Grund dafür: Informationen in ihrer Muttersprache, die sie gut verstehen, in der sie sich natürlich ausdrücken können und mit der sie sich wohl fühlen, fehlen im Alltag genauso wie in wichtigen Schlüsselsituationen.

Der Grundstein liegt schon lange

Die Österreichische Gebärdensprache ist eine vollwertige, eigenständige Sprache einer österreichischen Minderheit und somit Ausdruck ihrer kulturellen Identität. Seit 2005 ist das in der österreichischen Bundesverfassung verankert. „Dieses Signal war extrem wichtig“, erkennt Christine Steger, Behindertenanwältin des Bundes, an. „Seitdem hat man aber viel zu wenig darauf aufgebaut. Die Menschen brauchen spürbare Verbesserungen. Dazu reicht es nicht, dass ihre Sprache auf dem Papier anerkannt ist. Man muss Informationen und Kommunikationsmöglichkeiten in Österreichischer Gebärdensprache im täglichen Leben verlässlich anbieten, damit sie gehörlosen Menschen zu Chancengleichheit in der Gesellschaft verhelfen können.“ Auch die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen gibt das vor. Sie verpflichtet den Staat dazu, geeignete Maßnahmen zu treffen.

Teilhabe von Anfang an

Es braucht verschiedene Arten von Maßnahmen. Ganz wesentlich ist der Bildungsbereich. „Bildung und Wissen spielen eine große Rolle, wenn es um gleiche Chancen und Teilhabe in allen Lebensbereichen geht“, betont Helene Jarmer, Präsidentin des Österreichischen Gehörlosenbundes. „Dabei müssen wir schon ganz früh ansetzen: in Kindergarten und Schule. Was Kinder in dieser Phase erfahren und lernen, bestimmt das ganze restliche Leben. Doch wie sollen sie die Lerninhalte verstehen, wie sollen sie Teil der Klassengemeinschaft werden, wenn Lehrer*innen und Mitschüler*innen eine Sprache sprechen, die sie nicht in gleicher Weise wahrnehmen können?“ Nun ist in diesem Bereich endlich ein Durchbruch in greifbarer Nähe: Ein Lehrplan zu Österreichischer Gebärdensprache wurde entwickelt uns soll bereits im Schuljahr 2024/25 zum Einsatz kommen.

Recht auf Barrierefreiheit

Diese Initiative ist ein wichtiger erster Schritt, doch damit ist es noch lange nicht getan. Barrierefreier Zugang zu Information und Kommunikation ist in allen Lebensbereichen eine Voraussetzung für Inklusion. Und es gibt ein Recht darauf, wie Christine Steger weiß: „Das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz verbietet, dass Menschen wegen ihrer Behinderung benachteiligt werden. Daher müssen öffentlich angebotene Güter und Dienstleistungen barrierefrei zugänglich sein. Dafür müssen die Anbieter*innen sorgen – und zwar nicht nur, wenn es dafür eine finanzielle Förderung der öffentlichen Hand gibt, sondern immer und überall, wo es gebraucht wird.“

Mangelware Dolmetsch

Doch auch dort, wo der Wille da ist, fehlt oft der Weg zur Umsetzung: Es gibt viel zu wenig Dolmetscher*innen für Österreichische Gebärdensprache. Digitale Gebärdensprachdolmetscher, sogenannte Avatare, sieht die Interessenvertretung gehörloser Menschen problematisch. „Auf den ersten Blick erscheint die Technologie verlockend. Künstliche Intelligenz kann aber eine Person, die beim Dolmetschen Verstand und Gefühle einbringt, nicht ersetzen“, so Helene Jarmer. „Man darf sich nicht davon täuschen lassen, dass Avatare wirtschaftlich gesehen vielleicht attraktiver sind. Was wir brauchen, sind mehr Dolmetscher*innen.“ Dazu müssen zusätzliche Ausbildungsangebote und ansprechende Bedingungen für die Berufsgruppe der Dolmetscher*innen geschaffen werden.

Schritt für Schritt zum Ziel

Die Liste der Bereiche, in denen es Maßnahmen zur Verbesserung der Situation gehörloser Menschen in Österreich braucht, ist lange. Selbst dort, wo es deutliche Fortschritte gibt, ist noch viel zu tun. Das betrifft zum Beispiel die barrierefreie Aufbereitung medialer Angebote oder die öffentliche Verwaltung. Ein besonders wirksamer Hebel wäre, die Österreichische Gebärdensprache als Unterrichtssprache gesetzlich zu verankern. Doch egal, in welcher Reihenfolge welche Maßnahmen umgesetzt werden: Jede einzelne muss mit der Gehörlosen Community verhandelt werden, die Finanzierung muss gesichert sein und sie muss echte Verbesserungen im Alltag bewirken.

Behinderungen stellen Menschen vor große Herausforderungen in ihrem täglichen Leben. Verschiedenste Leistungen von Bund, Ländern und Gemeinden sollen Teilhabe, Selbstbestimmung und soziale Absicherung unterstützen. Damit man diese Unterstützung bekommt, muss man nachweisen, dass man sie braucht. Doch die Kriterien, die dafür herangezogen werden, orientieren sich oft an veralteten Auffassungen davon, was eine Behinderung ausmacht. Die Behindertenanwaltschaft und der Verein Lichterkette fordern: Die Vorgaben, nach denen über den Anspruch auf Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderungen entschieden wird, gehören grundlegend überarbeitet!

Das Unterstützungsangebot für Menschen mit Behinderungen in Österreich ist vielfältig. Zum Beispiel gibt es Pflegegeld, spezielle Pensionen, persönliche Assistenz, Förder- und Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz und vieles mehr. Solche Leistungen sind sehr wichtig, um gleichwertige Ausgangsvoraussetzungen für ein selbstbestimmtes Leben zu schaffen. Doch welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um sie zu beziehen?

Kriterienkorsett von gestern

Je nach Leistung gibt es verschiedene Zugangsvoraussetzungen. Welche das sind, ist in Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien genau geregelt: zum Beispiel ein bestimmter Pflegebedarf nach Bundespflegegeldgesetz, ein bestimmter Grad der Behinderung oder eine Arbeitsunfähigkeit nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften. Bei der Beurteilung des Ausmaßes einer Behinderung stehen medizinische Kriterien stark im Vordergrund und bestimmen die Entscheidung darüber, ob eine Person eine bestimmte Leistung beziehen darf oder nicht.

„Das ist ein großes Problem“, erklärt Christine Steger, Behindertenanwältin des Bundes. „Die eigentliche Behinderung hängt nämlich stark von gesellschaftlichen Faktoren ab. Anders gesagt: Menschen sind nicht behindert, sie werden behindert.“ So kommt zum Beispiel die Behinderung gehörloser Menschen erst zum Tragen, wenn ihnen keine Gebärdensprachdolmetschung zur Verfügung steht. Ihre Kommunikationsmöglichkeiten sind dadurch extrem eingeschränkt und sie werden von der Gesellschaft ausgeschlossen. „Dieses sogenannte soziale Modell von Behinderung“, so Steger, „ist heutzutage allgemein anerkannt. Nicht zuletzt liegt es der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen zugrunde, die in Österreich seit 2008 in Kraft ist. Wir sind als Gesellschaft dafür verantwortlich, für Menschen mit Behinderungen jene Bedingungen zu schaffen, die ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen ermöglichen – und die öffentliche Hand ist dazu verpflichtet.“

Vom System übersehen

Ungeachtet dieser Vorgabe herrscht bei der Beurteilung des Ausmaßes von Behinderung im Zusammenhang mit Sozialleistungen immer noch das längst überholte medizinische Modell von Behinderung vor. Hinzu kommt, dass manche Formen von Behinderung in den Beurteilungskriterien gar nicht erfasst sind, weiß Brigitte Heller, Vorsitzende der Betroffenenvertretung für Menschen mit psychischer Erkrankung, dem Verein Lichterkette.

„Für Menschen mit psychischer Erkrankung bzw. psychosozialer Behinderung ist es immer wieder schwierig, im Rahmen unterschiedlichster Einstufungsverfahren zum begünstigten Personenkreis zu gehören“, so Heller. „Dies gilt für Pflegegeld, Einstufung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz, Berufsunfähigkeit, aber auch bei anderen notwendigen Einstufungen. Die Problematik entsteht durch das Fehlen der Berücksichtigung einiger wichtiger Faktoren, die sich im biopsychosozialen Modell von Gesundheit und Krankheit wiederfinden.“

Das „biopsychosoziale Modell von Gesundheit und Krankheit“ versteht Krankheit als ein Zusammenwirken von körperlichen, psychischen und sozialen Faktoren. All diese Faktoren haben einen Einfluss darauf, wie eine Krankheit entsteht und wie sie verläuft. Daraus ergeben sich auch Barrieren und Beeinträchtigungen, die bei einem Einstufungsverfahren wesentlich sind. Um das Ausmaß von Behinderungen richtig beurteilen zu können, muss das biopsychosoziale Modell unbedingt in allen Verfahren zur Einstufung herangezogen und in die Einstufungsverordnung aufgenommen werden.

Mit Teammitgliedern des Vereins Lichterkette wird seitens pro mente Austria im Rahmen eines Forschungsprojektes an einer Checkliste für Gutachter*innen, vorerst für den Bereich des Pflegegeldes, gearbeitet, die diese psychosozialen Faktoren mit einbezieht.

Ruf nach Umschwung

In die gleiche Kerbe schlägt der aktuelle Nationale Aktionsplan Behinderung. Als eine Maßnahme zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sieht er vor, dass die Einschätzungsverordnung, die die Festsetzung des Grades der Behinderung regelt, umfassend evaluiert und weiterentwickelt wird. Auch der UN-Fachausschuss empfiehlt in seinen abschließenden Bemerkungen anlässlich der Staatenprüfung Österreichs 2023 die Anpassung von Gesetzen auf Bundes- und Landesebene an das menschenrechtliche Modell von Behinderung.

Es ist höchste Zeit: Rechtsgrundlagen, die Zugangsvoraussetzungen zu Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderungen regeln, brauchen dringend eine umfassende Überarbeitung – partizipativ, gemeinsam mit allen relevanten Stakeholdern und mit dem sozialen Modell von Behinderung als Leitgedanke. Nur so können wir in Österreich die Umsetzung der Standards von Teilhabe und Inklusion im Sinne der UN-Konvention gewährleisten.

Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention: Es ist endlich Zeit zu handeln!

Kürzlich prüfte der UN-Fachausschuss die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Österreich. Dabei wurden seit der letzten Staatenprüfung im Jahr 2013 einige Fortschritte, aber auch viele gravierende Mängel festgestellt. Die Liste der Handlungsempfehlungen des Fachausschusses ist entsprechend lang.

Fehlende Harmonisierung

Für die Umsetzung der von Österreich ratifizierten UN-Konvention sind Bund, Länder und Gemeinden gleichermaßen verantwortlich. Der Fachausschuss stellt in seinen abschließenden Bemerkungen zur Staatenprüfung fest, dass insbesondere die Bundesländer dieser jedoch kaum Beachtung schenken. Schon im Jahr 2013 empfahl der Fachausschuss, die Gesetze des Bundes und der Länder zügig zu harmonisieren und sie mit dem menschenrechtlichen Modell von Behinderung in Einklang zu bringen.

Stärkung der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen gefordert

Menschen, die aufgrund von Behinderungen diskriminiert werden, haben in Österreich nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens oft nur die Möglichkeit, bei Gericht einen finanziellen Schadenersatz einzuklagen. Eine Klage auf Beseitigung und Unterlassung einer Diskriminierung ist bislang nur in Sonderfällen möglich. Der Fachausschuss empfiehlt die Schaffung eines umfassenden Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs sowie die finanzielle Unterstützung von Einrichtungen, die stellvertretend für Menschen mit Behinderungen Klagen erheben können.

Fehlende Maßnahmen für Frauen und Mädchen mit Behinderungen

Einschlägige Untersuchungen zeigen, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen besonders oft von Gewalt und mehrfacher Diskriminierung betroffen sind. Wie der UN-Fachausschuss feststellt, sind die bestehenden Maßnahmen des Gewalt- und Diskriminierungsschutzes, insbesondere für diese Gruppe, unzureichend. Er empfiehlt aus diesem Grund, neben weiteren Maßnahmen, einen bedarfsgerechten Zugang von Frauen und Mädchen mit Behinderungen zu Präventions- und Schutzmechanismen gegen geschlechtsspezifische Gewalt.

Substantielle Verbesserung sind überfällig

„Die detaillierten Handlungsempfehlungen der UN-Fachausschusses sind ein klarer Handlungsauftrag an die Republik. Bei der nächsten Staatenprüfung im Jahr 2030 sind weitreichende Verbesserungen anzeigt, damit sich das aktuelle Ergebnis nicht wiederholt. Österreich kann es sich nicht leisten, bei der Umsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderungen weiterhin in Verzug zu bleiben“, führt Behindertenanwältin Christine Steger aus.